Winterreifenpflicht verfassungswidrig
Der Volksmund spricht bisweilen von „Gummiparagraphen“, wenn der Wortlaut eines Gesetzes so unklar ist, dass man mit seiner Auslegung sowohl zu der einen wie auch zu einer ganz anderen rechtlichen Bewertung ein und desselben Lebenssachverhaltes gelangen kann. In der Sprache des Fachmann wird in solchen Fällen gesetzgeberischer Fehlleistung von einem Mangel an Bestimmtheit gesprochen. Das sogenannte Bestimmtheitsgebot ist in Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG) zu finden. Ein Verstoß dagegen führt zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes, dem es an Bestimmtheit mangelt.
Ob eine Straf- oder Bußgeldnorm den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes entspricht, ist maßgeblich davon abhängig, ob der Wortlaut des gesetzlichen Tatbestandes erkennbar und verstehbar ist. Davon kann bei der Formulierung des Bußgeldtatbestandes, mit dem die Verletzung der sogenannten Winterreifenpflicht geahndet wird, nicht die Rede sein. So sieht es jedenfalls das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg. Unter strahlender Hochsommersonne hat es jüngst entschieden, dass der Bußgeldtatbestand verfassungswidrig und damit ungültig sei.
Die Anforderung, ein Kraftfahrzeug mit einer an die Wetterverhältnisse angepassten, geeigneten Bereifung auszustatten, sei nicht ohne Weiteres zu erfüllen. Denn weder aus dem Bußgeldtatbestand selbst noch aus einer anderen, damit in Verbindung stehenden Norm lasse sich ableiten, um was für eine Bereifung es sich dabei konkret handeln soll.