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Amtsgericht Güstrow

Die im Frühjahr vergangenen Jahres von meinem Mandanten auf der A19 gefahrene Geschwindigkeit war mit einem Lasermessgerät aus dem Hause VITRONIC, dem berüchtigten Poliscan speed, gemessen worden. Wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hatte die Ordnungsbehörde einen Bußgeldbescheid erlassen. Gegen den schon deshalb Einspruch eingelegt werden musste, weil das Punktekonto meines Mandanten zum Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheides keine weitere Belastung vertagen hätte. Die Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Ordnungsbehörde ergab einen interessanten Hinweis  für die Verteidigung.

Auf dem sogenannten Tatfoto war nicht nur der PKW meines Mandanten abgebildet. Im rechten Fahrstreifen neben ihm befand sich zum Zeitpunkt der Messung – oder genauer gesagt: zum Zeitpunkt der Auslösung der Kamera – ein weiteres Fahrzeug. Nun wird das Poliscan speed von der Polizei und natürlich auch dem  Hersteller unter anderem deshalb in höchsten Tönen gepriesen, weil es angeblich auch verlässliche Messergebnisse liefere, wenn sich weitere Fahrzeuge im Messbereich befinden würden. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist das Messverfahren inzwischen als sogenanntes standardisiertes Messverfahren anerkannt.

Es bedarf deshalb schon eines erheblichen argumentativen Bemühens, um einen Amtsrichter in so einer Bußgeldangelegenheit dazu zu bewegen, die Sache doch noch einmal überdenken. Gestern in Güstrow ist es mir wieder einmal gelungen. Immerhin war das Gericht schließlich bereit, die Geldbuße auf die Hälfte herab zu setzen. Der Punktestand meines Mandanten in Flensburg hatte sich im  Laufe des Verfahrens bereits ebenfalls reduziert. Die Lage hat sich also wieder entspannt und die Fahrerlaubnis ist nicht mehr in Gefahr.

 

PoliScan Speed auf dem Vormarsch

Im Hause der Herstellerin, der VITRONIC Bildverarbeitungssysteme GmbH, wird man mit der Entwicklung der obergerichtlichen Rechtsprechung in der ersten Hälfte dieses Jahres zufrieden sein. Aller guten Dinge sind drei, könnte man als Kommentar von dem in Wiesbaden ansässigen Unternehmen erwarten, nachdem nun auch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. die Funktionsweise des unter der Bezeichnung PoliScan Speed produzierten Lasermessgerätes als ein sogeanntes standardisiertes Messverfahren anerkannt hat.

Das OLG Düsseldorf hatte mit seinem Beschluss vom 20. Januar 2010 den Reigen eröffnet. Und schon einen Monat später folgte ihm das Berliner Kammergericht (KG). Die Entscheidungen weiterer Obergerichte stehen aus. Die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren hat in der täglichen Praxis der in Bußgeldsachen als Verteidiger tätigen Rechtsanwälte erhebliche Bedeutung. Ist ein Messverfahren von der Rechtsprechung als standardisiert anerkannt, wird das damit erzielte Messergebnis durch die Gerichte nur noch sehr eingeschränkt überprüft. Wer sich gegen den Vorwurf, eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben, mit dem Einwand zur Wehr setzen will, tatsächlich nicht so schnell gefahren zu sein, muss konkrete Umstände vortragen, die das Gericht an der Ordnungsgemäßheit der Messung zweifeln lassen. Ansonsten beschränkt sich das Gericht darauf, die gültige Eichung des Gerätes und die Sachkenntnis des Messbeamten festzustellen. Anlass, das Gutachten eines Sachverständigen zur Überprüfung des Messergebnisses einzuholen, soll nur dann bestehen, wenn es gelingt, konkrete Umstände darzulegen, die geeignet sind, Zweifel an der Zuverlässigkeit der Lasermessung zu stützen. Damit ist der Laie in aller Regel überfordert.

Dabei äußern Fachleute – so die auf dem Gebiet des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts tätige Fachanwälte für Verkehrs- und Strafrecht – seit langem ihre Bedenken hinsichtlich der Verlässlichkeit des Lasermessverfahrens sowohl bei der Bildung des Messwertes als aber auch bei der Zuordnung des Messwertes.  Deshalb sollte sich der von einer Lasermessung Betroffene auf jeden Fall so früh wie möglich durch einen Spezialisten beraten lassen. Erst die gewissenhafte Überprüfung des Sachverhalts an Hand der bei der Ordnungsbehörde geführten Ermittlungsakte kann dazu führen, dass Fehler bei der Anwendung aufgedeckt werden können.