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Edward sagt, ihn wundert es nicht.

Niemand lässt sich gern verurteilen. Schon gar nicht in einer Strafsache; womöglich sogar zu einer Freiheitsstrafe. Und selbst wenn lediglich eine Geldstrafe droht, sollte ein Schuldspruch vermieden werden. Schon wegen der Eintragungen in diverse Register, die den davon Betroffenen dann jahrelang belasten. Aber die Karten sind nicht immer so verteilt, um aufs Ganze zu gehen und einen Freispruch erringen zu können. Dann kann auch eine bescheidenere Lösung sehr verlockend sein.

Zum Beispiel eine Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung. Immerhin wird eine solche Einstellung nicht im Bundeszentralregister (BZR) oder im Fahreignungsregister (FAER) eingetragen. So entgeht der Beschuldigte dem Risiko, dass jemand von dem Verfahren erfährt, der besser nicht wissen sollte, das da mal was war. Sollte man jedenfalls meinen.

Und das meinte auch einer meiner Mandanten, der mir jüngst anlässlich eines Besuchs in meiner Kanzlei arg verwundert davon berichtete, dass ihm völlig unerwartet die Einreise in die USA versagt wird. Eine ihn überraschende Entwicklung. Bislang hatte es für ihn nie Schwierigkeiten gegeben, wenn er seinen in den Staaten lebenden Sohn besuchen wollte. Was hatte sich geändert?

Woran mein Mandant und ich mich spontan erinnerten, war ein Strafverfahren. Nach einem gänzlich unspektakulären Verkehrsunfall hatten die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten Alkoholgeruch in der Atemluft meines Mandanten wahrgenommen. Die daraufhin entnommene Blutprobe hatte eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,2 Promille enthalten. Für sich genommen absolut kein Grund, sich Sorgen um strafrechtliche Konsequenzen dieses kleinen Verkehrsunfalls zu machen. Es ist jedoch schon seit einigen Jahren gängige Praxis, das entnommene Venenblut nicht ausschließlich auf Alkohol sondern auch auf die Wirkstoffe und Abbauprodukte von verbotenen Substanzen zu untersuchen. In der Blutprobe meines Mandanten waren neben der geringen Menge an Alkohol auch die Wirkstoffe und Abbauprodukte von Kokain und Cannabis nachzuweisen.

Mein Mandant wurde angeklagt, unter dem Einfluss von Drogen ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt zu haben. Ein gleich lautender Schuldspruch durch das zuständige Amtsgericht Tiergarten hätte neben der Geldstrafe auch eine Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge gehabt. Und davon hätte ganz sicher die Fahrerlaubnisbehörde Kenntnis erlangt. Bevor meinem Mandanten jemals wieder eine Fahrerlaubnis erteilt worden wäre, hätte er eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) über sich ergehen lassen müssen. Das alles war nur zu vermeiden, wenn es gelingen würde, eine Verurteilung zu verhindern.

Die von mir mit dem Gericht und der Amtsanwaltschaft ausgehandelte Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung eines geringen Geldbetrages (§ 153 a Abs. 2 StPO) war deshalb das Beste, was meinem Mandanten passieren konnte. Keine Strafe, keine Entziehung der Fahrerlaubnis, keine MPU und keine Eintragung in ein Register. Lediglich im Register der Staatsanwaltschaft würde ein Hinweis darauf verbleiben, dass es das Verfahren mal gegeben hatte. Aber auf dieses Register wird nicht zugegriffen, wenn polizeiliche Führungszeugnisse ausgestellt werden. Bis auf die Justiz selbst, sollte also wohl niemand Kenntnis davon erlangen können, dass gegen meinen Mandanten mal ein Strafverfahren geführt wurde, in dem unter anderem der Konsum von Kokain eine Rolle gespielt hatte. Auch nicht US-amerikanische Behörden. Wie schon gesagt: Sollte man meinen.

 

 

M, P, U und raus bist Du!

Ausgezählt. So fühlen sich manche Fahrerlaubnisinhaber und solche die es werden wollen, wenn sie von der für ihren Wohnsitz zuständigen Fahrerlaubnisbehörde zur medizinisch-psychologischen Untersuchung – kurz MPU – geschickt werden. Die im Volksmund als Idiotentest verschriene Begutachtung durch Verkehrsmediziner und Verkehrspsychologen gilt gemeinhin als so ziemlich das Schlimmste, was sowohl dem Anwärter auf einen Führerschein als auch dessen Besitzer widerfahren kann.

Wer einen Führerschein haben oder behalten will, muss sowohl in körperlicher als auch in geistiger Hinsicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. So hat es der Gesetzgeber in § 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) angeordnet. Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen in diesem Sinne ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Zweifelt die zuständige Fahrerlaubnisbehörde an besagter Eignung, hat sie dies dem betreffenden Inhaber einer Fahrerlaubnis bzw. dem Antragsteller mitzuteilen und gleichsam die Gelegenheit einzuräumen, die Zweifel auszuräumen. Zu diesem Zwecke kann dann gemäß § 2 Abs. 8 StVG die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung angeordnet werden. Nur mit einem positiven Gutachten können Zweifel an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers ausgeräumt werden. Fällt das Gutachten hingegen negativ aus, ist in aller Regel auch mit einer entsprechenden Entscheidung der Behörde zu rechnen, und der Führerschein ist bzw. bleibt weg.

Eine staatlich angeordnete Maßnahme, von der so viel abhängt, unterliegt ihrerseits strengen Regeln. Und die sollte man kennen, wenn es darum geht, eine Begutachtung und deren Ergebnis zu überprüfen. Den Maßstab für die rechtliche Überprüfung eines MPU-Gutachtens bildet die „Richtlinie über die Anforderungen an Träger von Begutachtungsstellen und deren Begutachtung durch die Bundesanstalt für Straßenwesen“. Rechtsanwälte, die in Verkehrs- und Führerscheinangelegenheiten verteidigen, müssen die Richtlinie kennen und anzuwenden wissen. Daneben können gelegentliche Besuche bei den amtlich anerkannte Begutachtungsstellen nicht schaden. Ein Blick hinter die Kulissen und das Gespräch unter Fachleuten sind geeignet, zur Schärfung des eigenen Gespürs beizutragen. Mir bietet sich eine solche Gelegenheit demnächst wieder auf einer Veranstaltung des TÜV Nord. Dieser hat angekündigt, über aktuelle Themen und Entwicklungen im Bereich der Medizinisch-Psychologischen Untersuchung informieren zu wollen; und ich werde, als Anwalt auf dem Gebiet Verkehrsstrafrecht, dabei sein.

Entzug der Fahrerlaubnis wegen Besitz von Marihuana

Zwar spricht das Gesetz in Gestalt der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) von Konsum von Cannabis und nicht lediglich von dessen Besitz, wenn es um die Frage geht, ob vom Umgang mit bestimmten Drogen auf Mängel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden kann. Dennoch sind die Fahrerlaubnisbehörden dazu übergegangen, schon den Besitz von Marihuana oder Haschisch zum Anlass zu nehmen, an der Fahreignung zu zweifeln und deshalb medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) anzuordnen. Doch die Argumentation der Behörden kann entkräftet werden.

Eine gesetzliche Grundlage zur Anordnung einer MPU allein wegen gelegentlichen Konsums von Cannabis gibt es nicht. Es müssen schon weitere Tatsachen bekannt sein, die vermuten lassen, dass es sich eben doch nicht nur um gelegentlichen sondern um regelmäßigen Konsum von Cannabis handelt. Ein solches Verdachtsmoment (Indiez) soll nach Auffassung  mancher Fahrerlaubnisbehörden beispielsweise vorliegen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber eine Menge an Cannabis besitzt, die nicht mehr für einen nur gelegentlichen Konsum bestimmt zu sein scheint.

Über einen Zeitraum von zwei Monaten fünf Joints pro Woche werden als regelmäßiger Konsum bewertet. Bisweilen wird ein solches Konsumverhalten schon ab einer Menge von 9 g Mariuhana unterstellt. Solche Unterstellungen allein auf der Grundlage von gewagten Rechenoperationen sind zu widerlegen. Von maßgeblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, über welchen Wirkstoffgehalt (THC) die festgestellte Besitzmenge verfügte. Und eine Regel, wonach pro Tag nur eine Konsumeinheit verbraucht wird, so dass eine Streckung der Menge über einen Zeitraum von zwei Monaten möglich ist, existiert auch nicht.

Mit dem Fahrrad in die Kneipe …

… und danach zur MPU? Wer im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,6 Promille oder mehr ein Fahrzeug führt, muss damit rechnen, dass ihn die Fahrerlaubnisbehörde zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zum Zwecke der „Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik“ auffordert. Und zwar auch dann, wenn es sich bei dem Fahrzeug lediglich um ein Fahrrad handelte. Doch selbst, wenn das Gutachten negativ ausfällt, rechtfertigt dies nicht in jedem Fall einen Entzug der Fahrerlaubnis.

Von entscheidender Bedeutung ist, zu welcher konkreten Fragestellung das Gutachten Stellung nehmen soll. Interessiert sich die Behörde ausschließlich für die Frage, ob die Erwartung bestehe, dass der Fahrerlaubnisinhaber auch künftig unter dem Einfluss von Alkohol mit einem Fahrrad am Straßenverkehr teilnimmt, kann auf eine entsprechende Prognose des Gutachters nicht der Entzug der Fahrerlaubnis gestützt werden.

Genau auf diese Fragestellung hatte sich die Behörde in einem jüngst dem Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe vorliegenden Fall beschränkt. Der Gutachter war über das Ziel hinaus geschossen und hatte auch zu der ihm gar nicht gestellten Frage Stellung genommen, ob darüber hinaus zu erwarten sei, dass es künftig auch zu Trunkenheitsfahrten des Antragstellers mit einem Kraftfahrzeug kommen werde. Auch diese Frage wurde im Ergebnis des Gutachtens bejaht, woraufhin die Behörde die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung entzog.

Das VG Karlsruhe hat diese Prognose beanstandet und die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung außer Kraft gesetzt. Dem Gutachter hat das Gericht vorgehalten, die Vorgeschichte der Trunkenheitsfahrt nicht genügend berücksichtigt zu haben. Immerhin hatte sich der Antragsteller ausgerechnet deshalb mit seinem Fahrrad zum Trinkgelage begeben, um im Anschluss daran gerade nicht mit seinem Kraftfahrzeug zu fahren. Dass es sich bei diesem Verhalten um eine bewusste Strategie zur Vermeidung einer Trunkenheitsfahrt mit einem KFZ handeln könnte, hatte der Gutachter nicht beachtet.

OVG HB f. MPU b. THC

Der gelegentliche Konsum von Cannabis rechtfertigt für sich genommen keine Zweifel an der Kraftfahreignung des Konsumenten. Mangelt es jedoch an der Fähigkeit, Konsum und das Führen von Kraftfahrzeugen sicher von einander zu trennen, droht der Entzug der Fahrerlaubnis durch die zuständige Fahrerlaubnisbehörde. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen hat in einer jüngeren Entscheidung aus dem April dieses Jahres noch einmal klargestellt, dass in einem solchen Fall die Eignungszweifel grundsätzlich nur durch eine erfolgreiche MPU ausgeräumt werden können.

Dies soll insbesondere auch dann gelten, wenn es sich bei dem Konsumenten um den Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe handelt, der bereits zwingend die Teilnahme an einem Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger nachweisen muss. Mit der Teilnahme an einem solchen, der spezifischen Anfängersituation Rechnung tragenden Aufbauseminar soll der Nachweis eines sogenannten Einstellungswandels nicht zu führen sein.