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„Hat sich stets bemüht, …“

Eine vernichtende Beurteilung, die jedes Arbeitszeugnis zu einem Bewerbungskiller werden lässt. Mit dieser im Gewande des Wohlwollens daher kommende Formulierung wird wohl kaum jemand seine eigenen Leistungen gern beschrieben sehen. Geschweige denn, dass jemand auf die Idee käme, sich selbst damit anzubieten. Es sei denn, besagter Jemand ist Amtsrichter am Amtsgericht Tiergarten. Dann kann sich in einer schriftlichen Urteilsbegründung schon mal solch‘ traurige Selbstbezichtigung finden:

Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts, die das Amtsgericht zu beachten grundsätzlich bemüht ist, …“ Ist da etwa noch ein sarkastischer Unterton wahrzunehmen? Aber gegen wen sollte sich der Spot richten? Vielleicht hat sich das das Kammergericht auch gefragt. Jedenfalls hat es gegen den bemühten Amtsrichter die „Höchststrafe“ ausgesprochen, indem es das Urteil des Amtsrichters, mit dem dieser den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid verworfen hatte, aufhob und damit gleichsam die Vergeblichkeit des amtsrichterlichen Bemühens bescheinigte.

Weinen oder Lachen?

Fassungslosigkeit oder Erleichterung? Empörung oder Genugtuung? Fassungslosigkeit und Empörung darüber, dass ein Berliner Amtsrichter elementare Grundregeln des Prozessrechts missachtet, oder Erleichterung und Genugtung darüber, dass das Kammergericht das auf dieser Missachtung des Rechts beruhende Urteil aufgehoben hat?

Ungläubiges Staunen darüber, dass ein Richter die Anwendung der auf Verfassungsrecht beruhenden Verteidigungsrechte von Betroffenen und Angeklagten als lästige Ungehörigkeiten empfindet, oder Belustigung darüber, mit welcher Ungeschicklichkeit diese rechtsfeindliche Haltung in der schriftlichen Urteilsbegründung offenbart und damit belegt wird? Welche Empfindung beherrscht die Reaktion eines Strafverteidigers, wenn ein Urteil, mit dem die Verdoppelung der Regelbuße gegen seinen Mandanten unter anderem damit begründet wurde, der Betroffene habe mit seinem Schweigen in der Hauptverhandlung den Versuch unternommen, die Aufklärung des Falles zu verhindern, in der Rechtsbeschwerde aufgehoben wird? Verärgerung darüber, dass Richter mit dieser Einstellung zu den Rechten von Betroffenen und Beschuldigten Recht sprechen, oder Erleichterung darüber, dass die Überprüfung durch das übergeordnete Kammergericht zur Wahrung des Rechts führte?

Zumindest ist die Freude nicht ungetrübt. Das Kammergericht vermag nur jene Urteile zu prüfen, die ihm zur Prüfung vorgelegt werden. In Bußgeldsachen erfolgt diese Vorlage zur Prüfung mit der Rechtsbeschwerde und bisweilen mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Ein ausgesprochen kompliziertes Rechtsmittel, das von Gesetzes wegen ausschließlich durch einen Anwalt begründet werden darf. Aber wie viele Bußgeldverfahren werden von den Betroffenen ohne Verteidiger geführt? Und wie viele Urteile werden gesprochen, die aufgehoben gehören?