Beiträge

Landgericht Dortmund covert Freddy Quinn Klassiker

Wer sich als Unfallbeteiligter vom Unfallort unerlaubt entfernt, muss mit der Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen. Die sogenannte Regelentziehung erfolgt nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB. Aber auch diese Regel hat ihre Ausnahmen.

Die Entscheidung, sich den Feststellungen zur Unfallbeteiligung zu entziehen und vom Unfallort zu fliehen, wird häufig in wenigen Sekunden getroffen. Der Straftatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort ist schnell erfüllt. Schon eine geringe Absetzbewegung kann genügen, wenn sie in einen Bereich führt, wo Unfallbeteiligte nicht mehr ohne weiteres erwartet werden. Ist ein solcher räumlicher Abstand erreicht, hat sich der Flüchtende bereits strafbar gemacht. Um die Entziehung der Fahrerlaubnis trotz eines bedeutenden Unfallschadens zu vermeiden, sollten durch den Verteidiger alle zugunsten seines Mandanten zu wertenden Umstände vorgetragen werden.

Solche Umstände können, wie eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund in der Berufungsinstanz zeigt, sogar im Alter des Angeklagten liegen. Das Lebensalter des doch erst 57 Jahre alten Angeklagten ordnete die Kammer als fortgeschritten ein und würdigte angesichts dessen seine Unbescholtenheit als besondere Lebensleistung. Zudem stellten sich schon bald nach dem Unfall Gewissensbisse beim Angeklagten ein, und er stellte sich bei der Polizei. Beide Umstände ließen das Landgericht Dortmund trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen von einer Entziehung der Fahrerlaubnis absehen. In Abwandlung des 1963 an einen Jungen appellierenden Schlagers, die Heimkehr anzutreten, heißt es nach der dargestellten Entscheidung des Landgerichts Dortmund wohl künftig: „Alter, komm bald wieder und bleib nicht so lange fort!“

 

Fahrerflucht nach Verkehrsunfall mit dem Einkaufswagen?

Soll vorkommen; und dann auch als unerlaubtes Entfernen vom Unfallort strafbar sein. Das meint jedenfalls das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einer seiner jüngeren Entscheidungen. Wie kommt man auf so etwas, wenn man bei der Anwendung des Gesetzes dessen Wortlaut zur Verfügung hat? Indem man ihn dehnt und zieht und weitet, bis es passt.

„Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er (…) zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat (…), wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ So jedenfalls hat es der Gesetzgeber in § 142 Abs. 1 StGB formuliert. Dass man nicht unbedingt ein Fahrzeug geführt haben muss, um als Täter einer so genannten Unallflucht in Frage zu kommen, ergibt sich schon daraus, dass das Gesetz dem Unfallbeteiligten eine Pflicht auferlegt. Und das kann auch ein Fussgänger sein. Aber doch wohl „im Straßenverkehr“! Oder hat sich der Gesetzgeber auch den Kunden eines Supermarktes vorgestellt, der seinen Einkaufswagen über den Kundenparkplatz schiebt und dabei gegen ein parkendes Fahrzeug stößt.

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf handelt es sich bei dem beschriebenem Geschehen um einen Unfall im Straßenverkehr. Denn auch auf der Straße gibt es den so genannten „ruhenden Verkehr“. Die auf einem Kundenparkplatz geparkten Fahrzeuge seien demselben Risiko ausgesetzt wie jene im ruhenden Verkehr. Und mit dem Wegrollen eines Einkaufswagens realisiere sich eine für das abgeparkte Fahrzeug ganz typische Gefahrensituation. Deshalb begeht nach Überzeugung der Oberrichter ein strafbares unerlaubtes Entfernen vom Unfallort nach einem Unfall im Straßenverkehr, wer sich beim Einkaufen nicht fair verhält. Und das kann dann auch schon mal die Fahrerlaubnis kosten. Kommt nur auf die Höhe des Schadens an.

Keine Strafe ohne Gesetz! Ein rechtstaatlicher Grundsatz mit Verfassungsrang. Nachzulesen in Art. 103 Abs. 2 GG und § 1 StGB. Wäre auch mal wieder die Lektüre wert; sogar für OLG-Richter.