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Amtsgericht Andernach

Wenn die Existenz eines Mandanten bedroht ist, muss der Verteidiger auch schon mal lange Wege auf sich nehmen. Zum Amtsgericht Andernach waren es sechshundert Kilometer. Weiterlesen

Falsch geparkt – Pappe weg

Wer im Straßenverkehr immer wieder mit Rotlichtverstößen, Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsunterschreitungen und dergleichen auffällt, riskiert den Verlust seiner Fahrerlaubnis. Aber auch ohne Punkte in Flensburg kann der Führerschein in Gefahr geraten. Nach Ansicht des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LaBO) und des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin kann schon falsches Parken die Fahrerlaubnis kosten.

Der rechtliche Ansatz dafür findet sich im Straßenverkehrsgesetz (StVG) und dem Begriff der „Eignung zu Führen von Kraftfahrzeugen“. Zweifel an besagter Eignung sollen sich den Fahrerlaubnisbehörden nicht erst wegen eines hohen Punktestandes aufdrängen. Andere, nicht im Verkehrszentralregister erfasste Gründe für die Annahme, ein Fahrerlaubnisinhaber sei im Sinne des Gesetzes ungeeignet, können sogar solche Ordnungswidrigkeiten sein, die eigentlich im Bagatellbereich angesiedelt sind. Also auch Parkverstöße.

Maßgeblich sei, dass das Verhalten des Fahrerlaubnisinhabers dessen mangelnde Bereitschaft offenbare, Ordnungsvorschriften einzuhalten. Wenig präzise und konkret sondern stattdessen eher im Stile politischer Propaganda und als ginge es um eine überfällige Abrechnung formulieren die Berliner Verwaltungsrichter ihre Rechtsauffassung dazu wie folgt: Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ist auch schon bei der Begehung bloßer Bagatell-Ordnungswidrigkeiten anzunehmen, „wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr nicht anerkennt und offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten und diese hartnäckig missachtet, wenn dies seinem persönlichen Interesse entspricht.“

Auf die besorgte Frage, was ein Autofahrer im ruhenden Verkehr alles angestellt haben muss, ein solches Unwerturteil auf sich zu ziehen, wird das Verwaltungsgericht dann doch noch erstaunlich konkret: „Dies ist im Sinne einer Faustformel jedenfalls dann anzunehmen, wenn auf ein Jahr gesehen nahezu wöchentlich ein geringfügiger Verstoß anfällt.“ Also nahezu ein Ticket pro Woche und schon gehört ein Fahrerlaubnisinhaber zur Spezies jener Verkehrsteilnehmer, vor denen alle anderen zu schützen sind? Denn um nichts anderes geht es ja bei der Frage, ob die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (fort-) besteht. Unangefochten von jedem Zweifel am eigenen Konstrukt findet sich in der Entscheidung des VG Berlin vom Herbst letzten Jahres die Bekräftigung: „Verstöße gegen Vorschriften des ruhenden Verkehrs können (…) für die Beurteilung der Fahreignung jedenfalls dann aussagekräftig sein, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum derart häufen, dass dadurch nicht nur eine laxe Einstellung gegenüber das Abstellen des Kfz regelnden Verkehrsvorschriften jedweder Art offenbar wird.“

Fassungslos steht der logisch denkende Mensch vor solch einer Begründung richterlicher Entscheidungen. Dafür, dass sich der betroffene Fahrerlaubnisinhaber, um den es in diesem Fall ging, gerade nicht gegenüber Verkehrsvorschriften jedweder Art gleichgültig verhalten hat, sprechen der Inhalt des Bundeszentralregisters und des Verkehrszentralregisters; keine Eintragungen bzw. vier Punkte. Und dennoch kommen die Verwaltungsrichter zu dem Schluss, die Entziehung seiner Fahrerlaubnis diene „der Abwehr einer von ihm ausgehenden Gefahr, die in der unangemessenen Einstellung des (Betroffenen) zu den im Interesse eines geordneten Straßenverkehrs erlassenen Rechtsvorschriften gründet.“ Wie gesagt, es ging um Falschparken; 6,35 mal im Monat!

„Das habe ich doch alles schon hinter mir.“

Es  mag ja sein, dass dieser Fahrradfahrer schon so einiges hinter sich hat. Es wäre jedoch ein Irrtum anzunehmen, dass er deshalb schon nichts mehr zu erwarten hätte.

Die Grenze zwischen relativer und absoluter Fahruntüchtigkeit liegt für Führer eines Kraftfahrzeugs bei 1,1 Promille. Die Blutalkoholkonzentration eines Fahrradfahrers muss erheblich höher liegen, damit die Polizei, auch ohne einen alkoholbedingten Fahrfehler beobachtet zu haben, eine Trunkeneinheitsfahrt im Sinne des Strafgesetzbuches zum Vorwurf machen kann. Bei 1,6 Promille ist für Fahrradfahrer die absolute Fahruntüchtigkeit erreicht. In solchen Fällen ist mit der Einleitung eines Strafverfahrens, in welchem eine Geldstrafe verhängt werden kann, zu rechnen. Der Entzug der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht erfolgt nicht. Was nicht bedeutet, dass der Führerschein nicht dennoch in Gefahr ist. Für die Frage, ob als Folge der Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zweifelhaft ist, wird sich im Anschluss an das Strafverfahren die Fahrerlaubnisbehörde interessieren.

Entzug der Fahrerlaubnis wegen Besitz von Marihuana

Zwar spricht das Gesetz in Gestalt der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) von Konsum von Cannabis und nicht lediglich von dessen Besitz, wenn es um die Frage geht, ob vom Umgang mit bestimmten Drogen auf Mängel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen werden kann. Dennoch sind die Fahrerlaubnisbehörden dazu übergegangen, schon den Besitz von Marihuana oder Haschisch zum Anlass zu nehmen, an der Fahreignung zu zweifeln und deshalb medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) anzuordnen. Doch die Argumentation der Behörden kann entkräftet werden.

Eine gesetzliche Grundlage zur Anordnung einer MPU allein wegen gelegentlichen Konsums von Cannabis gibt es nicht. Es müssen schon weitere Tatsachen bekannt sein, die vermuten lassen, dass es sich eben doch nicht nur um gelegentlichen sondern um regelmäßigen Konsum von Cannabis handelt. Ein solches Verdachtsmoment (Indiez) soll nach Auffassung  mancher Fahrerlaubnisbehörden beispielsweise vorliegen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber eine Menge an Cannabis besitzt, die nicht mehr für einen nur gelegentlichen Konsum bestimmt zu sein scheint.

Über einen Zeitraum von zwei Monaten fünf Joints pro Woche werden als regelmäßiger Konsum bewertet. Bisweilen wird ein solches Konsumverhalten schon ab einer Menge von 9 g Mariuhana unterstellt. Solche Unterstellungen allein auf der Grundlage von gewagten Rechenoperationen sind zu widerlegen. Von maßgeblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, über welchen Wirkstoffgehalt (THC) die festgestellte Besitzmenge verfügte. Und eine Regel, wonach pro Tag nur eine Konsumeinheit verbraucht wird, so dass eine Streckung der Menge über einen Zeitraum von zwei Monaten möglich ist, existiert auch nicht.

Mit dem Fahrrad in die Kneipe …

… und danach zur MPU? Wer im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,6 Promille oder mehr ein Fahrzeug führt, muss damit rechnen, dass ihn die Fahrerlaubnisbehörde zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zum Zwecke der „Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik“ auffordert. Und zwar auch dann, wenn es sich bei dem Fahrzeug lediglich um ein Fahrrad handelte. Doch selbst, wenn das Gutachten negativ ausfällt, rechtfertigt dies nicht in jedem Fall einen Entzug der Fahrerlaubnis.

Von entscheidender Bedeutung ist, zu welcher konkreten Fragestellung das Gutachten Stellung nehmen soll. Interessiert sich die Behörde ausschließlich für die Frage, ob die Erwartung bestehe, dass der Fahrerlaubnisinhaber auch künftig unter dem Einfluss von Alkohol mit einem Fahrrad am Straßenverkehr teilnimmt, kann auf eine entsprechende Prognose des Gutachters nicht der Entzug der Fahrerlaubnis gestützt werden.

Genau auf diese Fragestellung hatte sich die Behörde in einem jüngst dem Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe vorliegenden Fall beschränkt. Der Gutachter war über das Ziel hinaus geschossen und hatte auch zu der ihm gar nicht gestellten Frage Stellung genommen, ob darüber hinaus zu erwarten sei, dass es künftig auch zu Trunkenheitsfahrten des Antragstellers mit einem Kraftfahrzeug kommen werde. Auch diese Frage wurde im Ergebnis des Gutachtens bejaht, woraufhin die Behörde die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung entzog.

Das VG Karlsruhe hat diese Prognose beanstandet und die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung außer Kraft gesetzt. Dem Gutachter hat das Gericht vorgehalten, die Vorgeschichte der Trunkenheitsfahrt nicht genügend berücksichtigt zu haben. Immerhin hatte sich der Antragsteller ausgerechnet deshalb mit seinem Fahrrad zum Trinkgelage begeben, um im Anschluss daran gerade nicht mit seinem Kraftfahrzeug zu fahren. Dass es sich bei diesem Verhalten um eine bewusste Strategie zur Vermeidung einer Trunkenheitsfahrt mit einem KFZ handeln könnte, hatte der Gutachter nicht beachtet.